Literatur Karl Lagerfeld: Ein Deutscher in Paris

Vor knapp zwei Jahren verstarb Karl Lagerfeld im Alter von 85 Jahren. Der F.A.Z.-Redakteur Alfons Kaiser würdigt den Modedesigner nun in einer intensiv recherchierten Biografie.

Angelika Thomé

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Foto: Stéphane Feugère

Sonnenbrille, Pferdeschwanz, hohe Stehkragen und enge schwarze Anzüge waren sein Markenzeichen. Zum Logo reduziert prangt Karl Lagerfelds Abbild auf den Taschen, Jacken, Schals und Shirts seiner hauseigenen Kollektionen.

Marken, die es auch weniger betuchten Kunden erlauben, sich weithin sichtbar mit dem Prestige zu schmücken, das mit seinem Namen verbunden ist.

Karl Lagerfeld steht in erster Linie für die erfolgreiche Wiederbelebung von Chanel. Für seine Chanel-Kollektionen wurde er bis zuletzt gefeiert.

Chanel war sein wichtigstes, aber längst nicht sein einziges Betätigungsfeld - Lagerfeld entwarf Haute Couture und Prêt-à-porter für renommierte Modehäuser, wie Fendi und Chloé, aber auch für Textilhändler und die Billigkette H&M.

Darüber hinaus machte der gebürtige Hamburger als Fotograf und Büchersammler von sich Reden - und immer wieder mit schnodderigen Sprüchen.

"Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren", urteilte er 2012, doch schon wenig später bediente auch er diesen Trend.

Zurück zu den Ursprüngen

Karl Lagerfeld teilte gerne aus, seine Einstellung polarisierte und mit der Wahrheit nahm er es nicht so genau.

Alfons Kaiser rollt in seiner Biografie die Debatte über Lagerfelds Geburtsdatum, das der Modeschöpfer um 5 Jahre geschönt hatte, akribisch auf, und begibt sich auf die Spur seiner angeblich adeligen Herkunft.

Der F.A.Z.-Redakteur hat intensiv recherchiert, angefangen bei den Familienverhältnissen. Er dokumentiert den steinigen Aufstieg des Vaters zum erfolgreichen Kondensmilch-Produzenten und versucht, das Geheimnis um die frühen Jahre der Mutter zu lüften. Was Lagerfelds Beziehung zu seinen Eltern und Geschwistern angeht, fördert er zwar nur wenig Erhellendes zutage. Aber aus Kaisers Biografie geht deutlich hervor: Karl Lagerfeld war kein Familienmensch.

"König Karl" schuf sich seine eigene Familie mit wechselnden Protagonisten aus seinem mondänen Umfeld.

Im Mittelpunkt dieser Wahlfamilie stand viele Jahre sein Lebensgefährte Jacques de Bascher, über dessen Lebenswandel und Attitüden Alfons Kaiser kein gutes Wort verliert. Den adeligen Freigeist Bascher musste Lagerfeld sich zeitweilig mit seinem Lieblingsfeind Yves Saint Laurent teilen. Auch diese Beziehung beleuchtet der Biograf, soweit ihn seine Quellen tragen.

Gut recherchiert, doch recht trockene Schilderung

Die wilden 70er und 80er in Paris, die Modeszene, die Musen und den Aufstieg Lagerfelds zum Chefdesigner bei Chanel, seine Arbeitswut, seine Leidenschaft für Bücher und Interieurs - das alles führt Kaiser dem Leser detailliert vor Augen.

Dabei hält er sich mit Ausschmückungen und Auslegungen weitgehend zurück. Das ist lobenswert, aber bisweilen auch recht trocken.

Ein weiterer Wehrmutstropfen ist, dass Alfons Kaiser Lagerfelds kreatives Schaffen, insbesondere seine modischen Schöpfungen links liegen lässt. Im Fokus seiner Biografie steht der Exzentriker Karl Lagerfeld, der sich selbst zur Kunstfigur stilisierte.

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