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/ Heem an d'Onbekannt

Literatur

Heem an d'Onbekannt

"Das Marterl" heescht den Debütroman vum däitschen Auteur a Journalist Johannes Laubmeier. Et ass e Buch iwwer e perséinleche Verloscht, d'bayresch Heemecht a virun allem iwwer d'Erënneren. An awer ass et keen Trauerepos, mee eng poetesch an humorvoll Ausernanersetzung mat der mënschlecher Gefillswelt. De Max Tholl huet de Schrëftsteller zu Berlin getraff.

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6 min

E Mann kënnt bei engem Verkéiersaccident an der bayrescher Provënz ëm d'Liewen. Jore méi spéit kënnt säi Jong op dës Plaz, seng Heemescht, zeréck fir de Virfall ze rekonstruéieren, fir d'Wourecht ze fannen. Iwwer den Accident, awer och iwwer d'perséinlech Entkopplung, déi sech aus dësem Virfall erginn huet.

Sou léisst sech net nëmmen dem Johannes Laubmeier säin Debutroman "Das Marterl" resuméieren, mee och dem Auteur seng ganz perséinlech Erfarung. Marterl si kleng Kräizer, déi opgestallt gi fir ze gedenken, an och dësen autofiktionale Roman erweist sech als literarescht Erënneren, och wann en Ufanks anescht geplangt war, seet de Johannes Laubmeier.

"Am Anfang, als ich es als Reportage schreiben wollte, wollte ich einfach das beleuchten, was damals passiert war und habe geglaubt, dass wenn ich es komplett auserzählt habe, wenn ich alle Fakten dazu kenne, dann verstehe ich es - aber das ist ja nicht so. Manche Dinge lassen sich ja nicht verstehen, nur weil man alles darüber weiß. Oft werde ich gefragt, ob es leichter ist, weil es Fiktion ist. Aber ich glaube, das ist es in diesem Fall gar nicht, sondern es ist einfach die Form, die das nicht hergibt. Du kannst ja keine Reportage schreiben und sagen: "hier sind zwei Personen, die bin beide ich."

Entkopplung

Dës zwou Persounen, ëm déi d'Erzielung kreest, sinn de Protagonist, dee sech an senger Heemecht op Spueresich mécht, an säin Kandheets Alter-Ego, dat d'Liewe virun dem Accident beliicht.

Dem Johannes Laubmeier huet dës stilistesch Dissociatioun gehollef, déi eegen Entopplung a Wierder ze faassen:

"Ich habe gemerkt, dass es eine Entkoppelung gab von der Person, die ich an diesem Ort vor dem Unfall war - bevor ich wegging - und der Person, als die ich zurückkam."

Dës Plaz ass d'Plaz vum Auteur senger Kandheet, eng idyllesch bayresch Klengstaat, déi am Buch nëmmen A. heescht. Et ass awer keng Verschleierungsstrategie, wéi de Johannes Laubmeier erkläert.

"Welcher Ort das genau ist und wo er liegt, war mir eigentlich nicht so wichtig, weil der Verlust von jemandem und der Verlust von etwas - und es ist ja irgendwie beides für den Erzähler, er verliert diesen Ort und vielleicht auch ein bisschen sich selbst und auch seinen Vater - was das miteinander zu tun hat, das ist ja nicht an einen Ort gebunden. Die Dinge, die er an diesem Ort erlebt sind zwar sehr spezifisch für diesen kleinen Ort, aber jeder kleine Ort hat diese Geschichten und jeder Ort an dem man ist, hat solche Geschichten. Dieses Allgemeine darzustellen, war mir wichtiger und deshalb heißt dieser Ort nur A."

Humorvoll a melancholesch

"Heimkehr ist eine Reise an einen unbekannten Ort" heescht am Buch an effektiv erzielt "Das Marterl" vun enger Plaz op där Vertrautes mat Onbekanntem, Vergaangenes mat Géigewäertegem verschmëlzt.

"Die Bedeutung eines Ortes ergibt sich ja auch in anderen Gegenwarten. Man spricht es zwar als Vergangenheit aus, aber wenn man daran denkt, dann ist es einem ja nicht in der Vergangenheit erzählt, sondern man stellt sich diesen Moment dann vor. Dann passiert das eben auch in der Gegenwart. Ich glaube, das ist dann so eine zweite Gegenwart, die erinnert wird und da gibt es mehrere Schichten - so oft man eben an einem Ort war. Der Erzähler zitiert im Buch den Dichter Charles Olson, der sagt: "men are only known in memory" - Menschen kennt man nur in der Erinnerung. Deshalb kann es sein, dass man dort nicht mehr gerne ist, aber dieser Ort ist genauso Teil von dir, wie du von ihm."

Eng Stäerkt vum Buch ass sécherlech den humorvollen an dach melancholeschen Toun, deen Emotiounen zwar beliicht, awer ni beléierend kléngt. Obwuel d'Trauer an "Das Marterl" am Fokus steet, ass et keen Trauerratgeber, deen d'Emotioune virgëtt.

"Sobald man irgendwelche harte Definitionen bringt, ist man halt immer in Gefahr, dass man töricht ist. Ich muss noch einmal Charles Olson zitieren, der sagte: the too tight grasping of it, loses it" - der Versuch, es zu sicher zu umfassen, verliert es. Ich glaube in dem Moment, wo man die Ambiguität zulässt, kann es am Ende sehr viel mehr erzählen."

Den Auteur seet, heiansdo wier hie selwer net sécher, wien d'Erzielstëmmen a sengem Buch sinn oder wou se hierkommen. D'Erënneren hëlt hei een Eegeliewen un, wat sech och mam Schreifprozess deckt.

"Also im Deutschen sagen wir ja "ich erinnere mich" und das klingt so, als säße man am Steuer. Ich tue das, ich erinnere mich daran. Ich bin der, der mich selbst daran erinnert, dass etwas passiert ist. Ich habe die Kontrolle über diesen Akt, über diesen Moment. Aber das ist nicht meine Erfahrung, weil in meiner Erfahrung Erinnerungen oftmals etwas sind, das einen überfällt und erwischt - quasi aus dem Hinterhalt. Man denkt nicht daran und dann kommt sie und dann überkommt einen die Erinnerung. Ich glaube, das ist auch etwas, was mir im Roman ganz wichtig war, dass es auf gewisse Weise umgedreht ist: das Vergessen ist der aktivere Akt und das Erinnern der Akt, der passiert."

"Am Ende kommt es vielleicht nicht so sehr darauf an, ob eine Geschichte richtig ist, sondern ob es sich richtig anfühlt sie zu erzählen", schreift de Johannes Laubmeier am Buch. "Das Marterl" ënnersträicht dat mat Witz, poetescher Eleganz an virun allem enger réier Emotionalitéit, déi och nach laang nom Zouklappe vum Buch op ee wierkt.