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/ Eine Serienmörderin, eine engagierte Reporterin und ganz viel Butter

Asako Yuzuki - Butter

Eine Serienmörderin, eine engagierte Reporterin und ganz viel Butter

Drei tote Männer, zwei Frauen und jede Menge kulinarische Highlights bilden die Eckpunkte in Asako Yuzukis Roman. Das Buch verbindet einen Kriminalfall mit Kochkunst und profunder Gesellschaftskritik.

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3 min

Foto: Bigstock / Vla_da & Blumenbar

Frisch gekochter, dampfender Reis, einen Schnatz Butter drauf und ein paar Tropfen Sojasoße drüber - mit diesem Gericht nimmt Rikas Leben eine neue Wendung.

"Eine goldglänzende, würzige, in ihrer Reichhaltigkeit überschäumende Woge aus Duft und Geschmack schlug über Rika zusammen, überschwemmte sie, riss sie mit sich fort" - so beschreibt Asako Yuzuki Rikas kulinarisches Erweckungserlebnis.

Essen, das war für Rika bisher nur eine lästige Notwendigkeit, mit Kochen hat die strebsame junge Reporterin nichts am Hut.

Interview mit einer Serienmörderin

Das ändert sich schlagartig, als sie sich um ein Exklusivinterview mit der inhaftierten Serienmörderin Manako Kajii bemüht. Mit diesem "Coup" will Rika sich einen festen Platz in der Redaktion sichern.

Und weil Rika vorgibt, mit Kajii ausschließlich über Essen und Rezepte reden zu wollen, willigt die leidenschaftliche Köchin in das Interview ein.

Bei ihrer ersten Begegnung empfiehlt sie Rika Butterreis mit Sojasoße.

Butter ist Kajiis Lebenselixier, Essen ihre größte Leidenschaft. Durch ihre Kochkünste hat sie das Vertrauen der Männer gewonnen, deren Ableben ihr zur Last gelegt wird.

Zielscheibe der Kritik

Nun entdeckt Rika unter Kajiis Ägide die Freuden des Kochens und des Genießens.

Die asketische Rika blüht regelrecht auf - und wird immer pummeliger. Und ebenso wie Kajii, die wegen ihres Übergewichts den Spott der Öffentlichkeit auf sich zieht, wird auch Rika zur Zielscheibe der Kritik.

Dicksein widerspricht nicht nur dem gängigen Schönheitsideal, es wird auch als Mangel an Selbstdisziplin gewertet.

Schönheitsideale und Rollenmuster in der Kritik

Asako Yuzuki nimmt in "Butter" die Diktatur der Schönheitsideale kritisch unter die Lupe und die japanischen Rollenmuster.

Zum Beispiel die männliche Dominanz in der Arbeitswelt, die mangelnden Aufstiegschancen der Frauen und deren Rückzug aus dem Berufsleben, sobald Kinder ins Spiel kommen.

Yuzuki hat nicht nur die Männer auf dem Kieker, sondern auch die Frauen, die sich nicht gegen die überkommenen Rollenmuster auflehnen.

Entfremdung und Angst

Ob Arbeitswelt, Freunde, Paare oder Familie - in den Beziehungen, die Yuzuki beleuchtet, ist gar nichts "in Butter": Konflikte werden nicht offen ausgetragen.

Die Angst, das Gesicht zu verlieren, geht um. Entfremdung macht sich breit. Asako Yuzuki entlarvt die viel gerühmte Harmonie als leeres Ritual.

Minutiös seziert die japanische Autorin auf über 400 Seiten die gesellschaftliche Schieflage, stellt Konfliktscheu und Konformismus an den Pranger, die wie Bremsklötze wirken und die Lebensqualität ihrer Protagonisten beeinträchtigen.

Eine Kombination aus Kochen und Gesellschaftskritik

Aus diesem festgefahrenen Gefüge ragt die vermeintliche Männermörderin Kajii heraus. Sie pfeift auf Konventionen, sie kennt keine Hemmungen.

Kajii und die von ihr heißgeliebte Butter verkörpern Opulenz, Sinnlichkeit, Genuss und Lebenslust. Sie stehen auch für Verlockung und Verführung.

So wie Butter verschiedene Aromen verbindet, verbindet die Butter bei Asako Yuzuki einen Kriminalfall, der in Japan hohe Wellen schlug, mit Kochkunst und profunder Gesellschaftskritik.

Und: Aus der Verbindung von Altbewährtem - wie einem Krimi mit kulinarischen Elementen oder Reis mit Sojasoße - wird durch die Butter etwas vollkommen Neues. Unbedingt probieren! Das simple Rezept und den raffinierten Roman!